Collagen „Nostalgia“

Nostalgie ist ein seltsames, diffuses Gefühl, es entzieht sich einer eindeutigen Definition. Es ist eine unbestimmte Gestimmtheit, ein Heimweh nach (n)irgendwo. Im Gefühl der Nostalgie verspinnen sich Raum und Zeit: ist es die Sehnsucht nach einer anderen, der vergangenen Zeit oder nach einem verlorenen Ort? Und dabei schwingt immer auch und vor allem ein Besinnen mit, die Rätselfrage danach, was mit dem Verlorenen verlorengegangen ist und so die Reflexion der Erinnerung selbst. Das numinose Gefühl der Nostalgie erschöpft sich nicht in der Verklärung vergangener Momente um ihrer selbst willen, sondern ihr Sinn, ihre Potentialität besteht darin, dass sie einen imaginären Raum schafft und füllt. Maviie Mauers Collagen der Serie Nostalgia führen in diesen Raum. Es sind enigmatische, geheimnisvolle Konstellationen: Figuren besetzen den aus unterschiedlichen Papieren zusammengesetzten, landschaftlichen Bildgrund. Einsame Gestalten, oft mit dem Rücken zum Betrachter gewandt, Gruppen, die doch nicht zusammenkommen. Wie Traumgesichte tauchen diese Bilder auf, revenants, die längst vergangene Momente, ihre Emotionen, Affekte und Spannungen erspielen und zum Austrag bringen. Die aus alten Fotos herausgesprengten Akteure scheinen halt- und heimatlos, ohne ihren ursprünglichen Kontext treiben sie so die Eigentümlichkeit des Mediums erst eigentlich hervor: Jede Fotografie ist ein Fragment und ein memento mori, ist Bruchstück, Überbleibsel, Reliquie der Welt und aus der Welt. Als Wiedergänger von etwas, von einem Moment, der nicht mehr existiert, bewahrt Fotografie dieses Etwas und verknüpft uns mit der Vergangenheit. Jedes Foto ist Spur einer Abwesenheit, gibt aber zugleich in der Differenz zum Jetzt Präsenz. In Maviie Mauers Collagen werden die Fotos zu Bildchiffren der Nostalgie, einer Sehnsucht, in der Bruch und Kontinuität in ebenso komplexer Weise miteinander verwoben sind. Auch der – wiederum aus Fragmenten gefügte – Bildraum hält genau diese Mitte, als ob die Vergänglichkeit, im Sturz aufgehalten, durchaus noch Form bildet, eine waghalsige Mitte zwischen Zerfall und Restitution herstellte: Grund und Abgrund, Fraktur und Integration sind in oszillierender Doppelheit ineinander verwoben.